Eine ganze Serie von Übergriffen reicher thailändischer Sprösslinge in den vergangenen Jahren sorgt im Königreich für eine Debatte über den Umgang mit geltendem Recht sowie falsche Erziehungsmethoden. Hintergrund sind tödliche Unfälle und sogar Morde, die durch die Protektion der einflussreichen Eltern kaum adäquat geahndet worden sind. Thailands grösste Tageszeitung, die Bangkok Post, setzt sich in einem Leitartikel kritisch mit diesem Thema auseinander.

Die Empörung in Thailand bei bürgerlichen Familien ist riesengroß und artikuliert sich in Internet-Blogs mit vielen tausend Stimmen. Seit dem Militärputsch im Mai geht der Nationale Rat für Frieden und Ordnung (NCPO) auch gegen bisher als unantastbar geltende Personen vor. Viele der Korruption überführte Polizeibeamte wurden auf inaktive Posten versetzt oder aus dem Dienst entfernt.

Der bekannteste Fall ist der des Red Bull-Erben Vorayudh Yoovidhya (27). Er soll Ermittlungen zufolge vor zwei Jahren mit seinem Ferrari bei einer halsbrecherischen Nachtfahrt den Polizeioffizier Wichian mit seinem Motorrad überfahren und tödlich verletzt haben. Obwohl es Zeugen für den Vorfall gab, zogen sich die Ermittlungen über Monate dahin. Der Sohn einer der reichsten Bangkoker Familien hielt es nicht für notwendig, sechs gerichtlichen Vorladungen zu folgen. Mit Erfolg: Die Anklage der Raserei und Straßengefährdung ist mittlerweile verjährt. Ein Prozess hat nie stattgefunden.

Unglaublich klingt auch die Geschichte um den Sohn der früheren Miss Thailand Sawinee Pakaranang, der vor sieben Jahren mit seinem Mercedes in eine Bushaltestelle raste und eine Frau tötete und zwei Personen schwerst verletzte. Der Busfahrer sagte aus, ‚Mu Ham‘ Kanpitak Pachimsawat (24) habe ihn absichtlich während eines Straßenstreites von der Fahrbahn gedrängt und dabei die Kontrolle über seinen Mercedes verloren. Eine erstinstanzliche Verurteilung wegen vorsätzlichen Mordes und fahrlässiger Körperverletzung zu zehn Jahren wurde von einem Berufungsgericht ‚abgemildert‘: Zwei Jahre Haft auf Bewährung. Mu Ham soll am Tattag psychische Probleme gehabt haben.

Gleich neun Tote verursachte die Spritztour der Generalstochter ‚Praewa‘ Thephasadin na Ayudhaya (16) am 27. Dezember 2010. Ohne Führerschein hinter dem Steuer stieß sie mit ihrem nagelneuen Honda Civic gegen den Minibus einer Firma, der sich auf der Stadtautobahn Toll Way auf dem Weg zur Arbeit befand. Ermittlungen ergaben, dass die Minderjährige nicht nur mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war, sondern auch während der Fahrt telefonierte.

Hier dauerte es Jahre, bis der Fall endlich von einem Gericht abgeschlossen werden konnte. Die Tochter eines bekannten Generals erhielt eine zweijährige Bewährungsstrafe. Angehörige der Opfer, die nach dem Unfall verstreut über mehrere Fahrbahn-Etagen gelegen waren, zeigten sich verbittert. Obwohl hinter den Kulissen finanzielle Entschädigungen ausgehandelt worden waren, gab es bittere Klagen über das ungerechte Justizsystem und das indiskutable Strafmaß.

Ein aktueller Fall in Pattaya passt gut in diese Reihe von Verstößen jugendlicher Millionäre. Lertworapreecha Lerwarit (20), Sohn einer einflussreichen Geschäftsfrau des Badeortes, lieferte sich am Samstag um 2 Uhr morgens eine bühnenreife Verfolgungsjagd auf der Beachroad in Pattaya. Als ihn Beamte an der Fußgängerzone endlich aus seinem Nissan GTR ziehen konnten, hatte er laut Polizeibericht mehrfach das Leben von Passanten gefährdet.

Im Polizeirevier bedrängten seine Freunde die Polizisten und Pressefotografen und forderten aggressiv das Löschen geschossener Fotos. Ein Anruf bei einem befreundeten hohen Polizeioffizier durch die Jugendlichen ging allerdings nach hinten los. Der Polizist weigerte sich und wollte die Ermittlungen seiner aktiven Kollegen nicht beeinflussen. Auf den 20 jährigen wartet nun eine Anklage wegen vorsätzlicher Straßengefährdung und Widerstandes gegen die Staatsgewalt.

Der ehemalige Senator und unabhängige Rechtsanwalt Warin Thiamjaras prangert die Ungerechtigkeit vor thailändischen Gerichten schon länger an. Warin ist Mitglied einer Anwaltsvereinigung, deren Komitees Rechtsberatungen für die Öffentlichkeit anbieten. Er verurteilt solche Auswüchse und erinnerte daran, dass ‚vor dem Thailändischen Recht eigentlich alle Verdächtigen gleich sein sollten“. Wenn Thailand nicht sein Rechtssystem in den Griff bekomme, werde durch derartige Fälle der Schaden für das gesamte Sozialsystem des Landes billigend in Kauf genommen. (Foto: The Nation)

Von STIN

4 Gedanken zu „Gerichte sollten fair urteilen“
  1. Moin an die Runde,

    wir sollten nicht voreilig triumphieren, noch sind es Aufrufe der BP und der Anwaltsvereinigung.

    Interessanter wird es, wenn die neue gesetzte Regierung sich diesem doch sehr wichtigen und gleichzeitig brisanten Themas angenommen hat.

    Bis dato muss oder kann man feststellen, dass diese undemokratisch durch einen Putsch an die Macht gelangte Führung des Landes in der kurzen Zeit vom 22. Mai bis heute mehr angestoßen hat als alle anderen Führer und –innen es geschafft haben.

  2. Warum wurde denn soetwas nicht schon von der Democrazy Regierung Yingluck
    in die Wege geleitet?
    Wen gab es denn da zu schützen?

  3. der Gute hat seinen Hintern so lange aus der Schusslinie gehalten bis die Straftat jetzt leider Verjährt ist. Der Papa hat ihm doch in Singapur eine Villa für seine Partys gebaut, damit ihm die Zeit nicht zu lang wirt. Die Richter sollten in die Steinbrüche verwiesen werden.

  4. ja, finde ich gut, das nun auch hier mal Ordnung geschafft wird. Ich gehe davon aus, das der Redbull-Erbe sein Delikt dann nicht in Singapur bis zur Verjährung aussitzen kann, sondern ausgeliefert wird, falls er nicht freiwillig kommt.

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