In Thailand kommt die Diskussion über eine neue Verfassung nicht voran. Royalisten und Thaksinisten stecken in ideologischen Grabenkämpfen fest.
In den vergangenen Wochen hat sich Thailands Politik wieder auf die Strasse verlagert. Eine bis anhin kaum in Erscheinung getretene Gruppierung names Pitak Siam («Beschützt Thailand») rief wortgewaltig zum Sturz von Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra auf. Die rund 15 000 Manifestanten attackierten die Regierung wegen angeblicher Geringschätzung der Monarchie und verspotteten Yingluck als Marionette ihres Bruders, des 2006 von der Macht geputschten Thaksin Shinawatra. Allerdings schlossen sich dem Aufmarsch der Königstreuen vom 25. November deutlich weniger Personen an als von Pitak Siam grossspurig angekündigt. Deren Anführer, der pensionierte Armeegeneral Boonlert Kaewprasit, warf daraufhin frustriert das Handtuch.
Eine gut gespielte Rolle
Seit dem Fanal vom Frühjahr 2010, als die Armee Proteste der mit Thaksin liierten «Rothemden» blutig beendete, hat Thailand zu relativ stabilen Verhältnissen zurückgefunden. Ungeachtet der nie verstummenden Putschgerüchte und der latenten Bereitschaft beider Seiten, mit Massenprotesten das politische Klima anzuheizen, sitzt Yingluck Shinawatra sicher im Sattel. Ein Misstrauensantrag, den die oppositionelle Democrat Party im November angestrengt hatte, wurde deutlich abgelehnt. Zu gross ist die parlamentarische Übermacht der Regierungskoalition und zu wenig gravierend die von ihr zu verantwortenden Fehlleistungen.
Yingluck Shinawatra, von Thaksin einst als Klon seiner selbst bezeichnet, hat seit ihrem Wahlsieg im Juli 2011 die zuvor in Aussicht gestellten Programme zur Unterstützung von Bauern und andern einkommensschwachen Schichten umgesetzt. Damit kopierte sie jenen Populismus, mit dem Thaksin die Herzen der Unterprivilegierten eroberte. Im Gegensatz zu ihrem polarisierenden Bruder bietet die 45-Jährige, die in 45 Tagen aus dem politischen Nichts zur Regierungschefin geformt wurde, viel weniger Angriffsflächen. Die erste Frau an Thailands politischer Spitze spiele ihre Rolle, wie ein Diplomat spöttelt, immer besser. Sie macht als elegante Gastgeberin des amerikanischen Präsidenten ebenso eine gute Falle wie in Gummistiefeln, wenn sie Überschwemmungsopfern Trost spendet.
Die frühere Managerin eines zum Clan der Thaksins gehörenden Immobilienunternehmens hat verschiedentlich in Abrede gestellt, dass sie als verlängerter Arm ihres Bruders agiere, der als Exilant in Dubai residiert. Sie tausche sich lediglich häufig mit ihm aus. Allerdings sitzen in ihrem Kabinett mehrere Gefolgsleute Thaksins. Dessen Handschrift schimmerte bereits im Wahlkampf deutlich durch. Viele Beobachter stellen Yinglucks politischen Tiefgang bis heute in Frage. Thaksin könne seine Zuhörer mit stundenlangen Abhandlungen über ein Dossier nerven, lästert der Politologe Thitinan Pongsudhirak, der an der Universität Chulalongkorn in Bangkok lehrt. Yingluck hingegen habe er noch nie in einer substanziellen Sachdiskussion beobachtet.
Emanzipierte Untertanen
Sei es aus eigener Überzeugung oder auf Empfehlung Thaksins: Yingluck hat ihren politischen Gegnern bis anhin wenig Angriffsflächen geboten. Den Heissspornen unter den «Rothemden» wurden in der Exekutive bestenfalls zweitrangige Chargen zugeteilt. Die politische Neueinsteigerin suchte von Anfang an ein gutes Einvernehmen mit dem Armeechef Prayuth Chan-Ocha, der im vergangenen Jahr unverhohlen davor gewarnt hatte, der Pheu Thai Party, dem politischen Vehikel der «Rothemden», die Stimme zu geben.
Die Loyalität zur Monarchie unterstrich die seit sechzehn Monaten amtierende Ministerpräsidentin mit ihrem Bekenntnis zum Lèse-Majesté-Gesetz, auf dessen Grundlage als beleidigend empfundene Äusserungen gegenüber dem Königshaus mit drakonischer Härte bestraft werden können. Zudem stellte sie ein Amnestiegesetz, das den wegen Korruption verurteilten Thaksin einschliessen würde, nach Strassenprotesten zurück.
Einen grossen Bogen macht Yingluck um Thailands Tabuthema: die Rolle der Monarchie. Angesichts des fragilen Gesundheitszustandes des 85-jährigen König Bhumibol Adulyadej und den nur halblaut ausgesprochenen, aber unüberhörbaren Zweifeln an der Eignung seines Sohnes fragen sich viele, welche Zukunft die Monarchie nach dem Ableben Seiner Majestät hat. Ob nach dieser Zäsur wieder ein gottähnlicher, politisch einflussreicher König Thailand überragen wird, ist fraglich. Die Thaksin-Maschinerie, wie es der Politologe Thitinan von der Universität Chulalongkorn nennt, habe aus loyalen Untertanen fordernde Bürger gemacht.
Im Lager der «Roten» werden republikanische Anwandlungen verneint, auch wenn in ihren Reihen die Liebe zum Königshaus, die angeblich allen Thais eigen ist, etwas unterkühlt wirkt. Die Thaksinisten stellen aber die gegenwärtige Gesellschaftsordnung in Frage, die den Gerichten, der Palastbürokratie und der Armee nicht demokratisch legitimierte Macht einräume. Politiker der regierenden Pheu Thai Party sprechen von einer unausgewogenen Machtverteilung. Inakzeptabel ist für viele die Verfassung von 2007. Diese wurde unter der Regie jener Generäle verfasst, die im Jahr zuvor geputscht hatten. Kritik wird insbesondere an der Rolle der Justiz geübt, die – auf Kosten der Exekutive – zu viel diskretionären Spielraum geniesse.
Das thailändische Verfassungsgericht hat im Juli der Regierung im Grundsatz grünes Licht gegeben, die geplante Revision des Grundgesetzes an die Hand zu nehmen. Die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung war zuvor durch eine Klage der Democrat Party blockiert worden. Die grösste Oppositionspartei unterstellte Yingluck, sie strebe eine Abschaffung der konstitutionellen Monarchie an, was die Ministerpräsidentin vehement zurückwies und auch die Richter als wenig plausibel erachteten.
Im Hauptquartier der Demokraten hält der Parteisprecher Chavanond Intarakomalyasut fest, es bestehe keine Notwendigkeit die Verfassung zu ändern. Über Modifikationen einzelner Artikel könne man zwar reden. Doch vermutet Chavanond, die Regierung wolle über eine Totalrevision den Boden für eine Rückkehr Thaksins ebnen.
Unausgesprochene Konflikte
Unter der politischen Dauerspannung, die in Thailand herrscht, ist eine grundlegende Debatte über die Rolle der staatstragenden Institutionen nur sehr bedingt möglich. Und so dürfte auch die von der Regierung angestossene Verfassungsdiskussion einen schweren Stand haben. Sowohl im heterogenen Lager der Thaksinisten als auch bei den gleichsam zersplitterten Royalisten ist wenig Bereitschaft spürbar, gemeinsam einen gesellschaftlichen Grundkonsens zu erarbeiten. Dass sich die teilweise unausgesprochenen Konflikte im tief gespaltenen Königreich bald abermals in Strassenkämpfen entladen, scheint in Thailand jederzeit möglich zu sein.
Sie sind eben noch nicht bekannt und würden Thaksins Klientel sowieso nicht stören.
Das sehe ich auch so.Allerdings andersherum.Thaksin hat seine Marionetten
nicht nur in der Regierung installiert sondern auch in Organisationen die
diese Regierung eigentlich überwachen sollen.Dies geschieht nicht mehr,im Gegenteil.
Da diese „Exekutive“ inzwischen parteiisch für Thaksin operieren,
siehe Polizei,DSI und OAG (Staatsanwaltschaft) gegen die Demokraten und
natürlich insbesondere Abhisit, kann man froh sein dass die Justiz wenigstens
teilweise unabhängig ist.
Bis auf die willfähigen Empfänger von Thaksins Lunchpaketen natürlich.
Schöne Worte. Aber wozu braucht ein Land, in dem keines der vielen Gesetze
die es hat von der Exekutive gegen jeden durchgestzt wird eine neue Verfassung?
Nur als Persilschein für einen hochkriminellen Ex PM?
Sie sind eben noch nicht bekannt und würden Thaksins Klientel sowieso nicht storen.
Das sehe ich auch so.Allerdings andersherum.Thaksin hat seine Marionetten
nicht nur in der Regierung installiert sondern auch in Organisationen die
diese Regierung eigentlich überwachen sollen.Dies geschieht nicht mehr,im Gegenteil.
Dadiese „Exekutive“ inzwischen parteiisch für Thaksin operieren,
siehe Polizei,DSI und OAG (Staatsanwaltschaft) gegen die Demokraten und
natürlich insbesondere Abhisit, kann man froh sein dass die Justiz wenigstens
teilweise unabhängig ist.
Bis auf die willfähigen Empfänger von Thaksins Lunchpaketen natürlich.
Schöne Worte. Aber wozu braucht ein Land, in dem keines der vielen Gesetze
die es hat von der Executive gegen jeden durchgestzt wird eine neue Verfassung?
Nur als Persilschein für einen hochkriminellen Ex PM?