BANGKOK – Sechs Jahre ist der Putsch schon her, der den ehemaligen thailändischen Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra aus dem Amt und in das selbst gewählte Exil beförderte. Doch erneut hat der Ex-Premier seine Gabe unter Beweis gestellt, das Land in helle Aufregung zu versetzen. Dieses Mal genügte ihm die Behauptung, unbekannte Attentäter trachteten ihm im benachbarten Myanmar nach dem Leben, um ganz Thailand nervös zu machen.

Eigentlich wollte der ehemalige Telekom-Magnat bei einem Besuch in Myanmar in Tachilek mit thailändischen Geschäftsleuten und Tausenden von Anhängern zusammentreffen. Tachilek ist eine Kleinstadt in Myanmar an der Grenze zu Thailand im Südosten des Shan-Staats. Sie liegt im so genannten Goldenen Dreieck, einem Hauptumschlagplatz für Drogenschmuggler.

Diese Etappe seiner Reise hat Thaksin am Dienstag kurzerhand streichen lassen. An seinem geplanten Treffen mit Thein Sein, dem Staatspräsidenten von Myanmar, am Donnerstag in der Hauptstadt Naypyidaw will er allerdings festhalten.

In der Gegend um Tachilek hatten Polizisten in der vergangenen Woche ein Waffenversteck ausgehoben. Anwälte und Angehörige der Familie von Thaksin behaupteten daraufhin, die Feinde des früheren Staatschefs planten, ihn umzubringen. Deshalb ändere er seine Reiseroute.

Regierungsbeamte in Myanmar und Thailand sind skeptisch, was den Wahrheitsgehalt des angeblichen Mordkomplotts angeht, das Thaksins Anwalt Noppadon Pattama und sein Sohn Panthongtae Shinawatra heraufbeschworen hatten. Der Fall stehe mit dem Drogenhandel in Verbindung, es werde ermittelt, teilt Polizeimajor Min Kyaw Thu in Naypyidaw mit. „Das hat nichts mit Thaksin zu tun“, sagt er. „Es gibt absolut keine Verschwörung, Thaksin zu ermorden.“ Auch die Polizei und das Militär im Shan-Staat versichern, dass das geheime Waffenlager in Verbindung zu dem florierenden lokalen Drogenhandel steht. In dem Versteck sei Munition gefunden worden und drei Panzerfäuste. Es sei unklar, ob die Beschlagnahmung der Waffen mit dem Besuch Thaksins in Zusammenhang stünde, sagte der thailändische Generalleutnant Paradorn Pattanathabutr.

Erneuter Putsch droht

Und trotzdem ist der Vorfall ganz typisch für die Anspannung, die in Thailand um sich greift, wann immer Thaksin sich dem Land nähert und sein selbst auferlegtes Exil in Dubai verlässt. Die vermeintliche Mordverschwörung versetze ihn in die Lage, sich als Opfer darzustellen, während seine politischen Gegner die thailändische Regierung unter der Leitung seiner jüngeren Schwester Yingluck Shinawatra zusehends unter Druck setzten, meinen politische Beobachter.

„Das Thaksin-Mordkomplott, das nur wenig mit der Realität zu tun hat, hat sich zum Polit-Theater entlang der üblichen Gräben der Parteigänger gemausert“, schrieben die in Bangkok ansässigen Sicherheitsberater von PSA Asia am Dienstag in einer Mitteilung an ihre Klienten.

In den vergangenen Wochen haben die Proteste gegen die Regierung von Ministerpräsidentin Yingluck zugenommen. Die Demonstranten werfen ihr vor, ihr Bruder nehme von außen Einfluss auf die Regierungsgeschäfte, was die Geschwister abstreiten. Unter der Leitung von Boonlert Kaewprasit, einem General im Ruhestand, hat sich eine neue Gruppe namens „Schützt Siam“ formiert und bei ihrer ersten Protestkundgebung im Oktober 10.000 Menschen mobilisiert. Kaewprasit will die Regierung unter Yingluck aus dem Amt jagen und kündigte am Sonntag an, im Verlauf des Monats erneut demonstrieren zu wollen. Notfalls werde er das Militär darum ersuchen, erneut einen Putsch zu initiieren – wie schon im Jahr 2006, als Thaksin entthront wurde.

Die oppositionelle Demokratische Partei hat in den vergangenen Monaten ebenfalls hin und wieder Demonstrationen organisiert. Zu einem Putsch hat die Partei allerdings noch nicht aufgerufen. Die politische Stimmung, die auf der Straße gemacht werde, könnte nach Meinung von Beobachtern allerdings Ausschlag gebend dafür sein, die Ambitionen der Yingluck-Regierung auszubremsen, Thaksin nach Thailand zurückzubringen, obwohl er 2008 wegen Korruption und Amtsmissbrauch verurteilt wurde. Ein Urteil, von dem Thaksin behauptet, es sei politisch motiviert gewesen.

Yinglucks Maßnahmen sind populär

Die politischen Gegner von Yingluck verlegten sich wieder verstärkt darauf, die polarisierende Wirkung von Thaksin hervorzuheben, um ihrer Beliebtheit zu schaden, sagen Beobachter. Besonders nachdem bei einer Kabinettsumbildung im vergangenen Monat mehrere maßgebliche Thaksin-Getreue auf leitende Regierungsposten befördert wurden. Dieser Schritt hatte Spekulationen angeheizt, die Regierung werde sich bald erneut bewegen, um ein Amnestiegesetz einzuführen.

„Das zeigt, dass viele Leute Yingluck unterschätzt haben, und dass ihre Feinde sich nun darauf konzentrieren müssen, ihren Bruder zu attackieren“, meint Pavin Chachavalpongpun, ein Professor am Zentrum für südostasiatische Studien an der Universität Kyoto.

In den vergangenen eineinhalb Jahren hat Yingluck eine Reihe von populären Maßnahmen umgesetzt. Sie hat die Mindestlöhne erhöht und ein Programm eingeleitet, die Ernte der Reisbauern zu Preisen abzukaufen, die fast das Doppelte des Marktpreises betragen. In Umfragen erreicht sie beständig hohe Beliebtheitsquoten.

Yinglick hatte sich bei der Wahl im Juli 2011 eindeutig und mit großem Abstand durchgesetzt. Doch dass die politische Fieberkurve jetzt wieder ansteigt, zeigt nach Meinung von Beobachtern, dass Thailand immer noch weit davon entfernt ist, seine langwierige politische Krise hinter sich zu lassen.

http://www.wallstreetjournal.de/article/SB10001424127887323894704578104522116085476.html?mod=WSJDE_latesthe

Von gateot

2 Gedanken zu „Thaksin Shinawatra versetzt Thailand erneut in Aufruhr“
  1. naja, populär sind die Massnahmen Yinglucks ja – zumindest bei den Rothemden.
    Was interessieren sich diese dafür, dass das Reisprogramm Milliarden-Verluste beschert, Thailand seinen 1. Platz verliert, der Export einbricht usw.
    Der Rothemd wird erst dann aufwachen, wenn diese Subventionierung nicht mehr bezahlbar und daher eingestellt wird und der Reisfarmer dann, wegen der vielen Kredite die er durch den Geldsegen laufen hat – ins schleudern kommt.

    Die populären Projekte Thaksins haben die Armen schon immer noch ärmer gemacht.

  2. Es ist erfreulich wenn mal eines der westlichen Medien
    nicht nur einfach Thaksins Propaganda übernimmt.
    Umso erstaunlicher dass es das WSJ ist.

    Das zeigt, dass viele Leute Yingluck unterschätzt haben, und dass ihre Feinde sich nun darauf konzentrieren müssen, ihren Bruder zu attackieren”, meint Pavin Chachavalpongpun, ein Professor am Zentrum für südostasiatische Studien an der Universität Kyoto.

    Das zeigt wie weit Kyoto von Thailand entfernt ist.

    In den vergangenen eineinhalb Jahren hat Yingluck eine Reihe von populären Maßnahmen umgesetzt. Sie hat die Mindestlöhne erhöht und ein Programm eingeleitet, die Ernte der Reisbauern zu Preisen abzukaufen, die fast das Doppelte des Marktpreises betragen. In Umfragen erreicht sie beständig hohe Beliebtheitsquoten.

    Das zeigt dass das WSJ auch lieber Thaksins Propaganda nachplappert
    als selbst mal nachzuschauen was hier Realität ist…

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