NZZ / Der frühere Ministerpräsident Thaksin Shinawatra lässt sich in Laos und Kambodscha von seinen thailändischen Anhängern feiern. In Bangkok wird derweil diskutiert, ob er in den Genuss einer Amnestie kommen soll.
In Kambodscha wird Thaksin Shinawatra behandelt, als wäre er noch immer Regierungschef. Die bewaffneten Uniformierten tragen Patten mit der Abkürzung «PMBU» (Prime Minister’s Bodyguard Unit). Kambodschas Ministerpräsident Hun Sen hat seinem thailändischen Freund, wie er Thaksin nennt, die Leibgarde ausgeliehen. Zusätzlich wurden Hunderte von Polizisten abgestellt, um die Sicherheit des Besuchers zu garantieren. In der Tempelstadt Siem Reap richteten die Kambodschaner ein grosses Feld für den in seiner Heimat zur Verhaftung ausgeschriebenen Politiker her. Erstmals seit dem Putsch von 2006 kann Thaksin, der in Dubai im Exil lebt, wieder vor Zehntausenden auftreten.
Als die Wagenkolonne Thaksins vor einem Hotel in Siem Reap vorfährt, wird der Populist von einer kreischenden, wie elektrisiert wirkenden Menge empfangen. Ältere Frauen, die aus dem Nordosten Thailands angereist sind, wollen ihn umarmen, andere mit ihrem Idol fotografiert werden. Männer bitten um Autogramme, und ein Grüppchen singt: «Kämpfe, Thaksin, kämpfe.» Auf der Bühne wird der Umjubelte später berichten, es sei bereits viermal ein Anschlag auf ihn verübt worden. An diesem Morgen scheint die grösste Gefahr darin zu bestehen, von den eigenen Anhängern, allesamt in Rot gekleidet und daher «Red Shirts» genannt, erdrückt zu werden.
In Thailand, wo Thaksins Schwester mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament regiert, bleibt der 63-Jährige eine sehr umstrittene Figur. Die Anhänger der mit der Rothemden-Bewegung liierten Pheu Thai Party stilisieren Thaksin zum Retter der armen Landbevölkerung. Von der traditionellen Bangkoker Elite wird der Multimillionär hingegen als machthungriger Antiroyalist diskreditiert. Ob Thaksin, der 2008 nach einem politisch gelenkten Prozess wegen Korruption zu zwei Jahren Haft verurteilt worden war, in den Genuss einer Amnestie kommen soll, darüber debattiert derzeit die Legislative.
Aufsehen erregte unlängst ein Parlamentsausschuss, der Vorschläge zur Aussöhnung im gespaltenen Königreich vorlegen sollte. Das vom ehemaligen Putschgeneral Sonthi Boonyaratglin präsidierte Gremium hat eine breit angelegte Amnestie angeregt. Diese würde alle Personen einschliessen, die in die teilweise blutigen innenpolitischen Auseinandersetzungen zwischen 2006 und 2010 verwickelt waren. Die Democrat Party, seit Juli 2011 in der Opposition, sieht darin einen Versuch, Thaksin weisszuwaschen. Von der Strafbefreiung würden aber wohl auch jene profitieren, die für die gewaltsame Niederschlagung der «Rothemden»-Proteste vor zwei Jahren verantwortlich sind – die Vorgängerregierung sowie Mitglieder des Sicherheitsapparats.
Als Thaksin nach dem Sonnenuntergang die Bühne auf offenem Feld betritt, geht ein Raunen durch das rote Menschenmeer. 30 000 Personen sollen es nach Angaben der Veranstalter sein, neutrale Beobachter schätzen die Zahl der mit Bussen, Taxis, Pick-ups und Kleinlastwagen angereisten Fans auf 10 000. «Es gibt vielversprechende Anzeichen dafür, dass sich Thailand aussöhnt und ich bald zurückkehren kann», ruft er dem klatschenden Publikum zu, während über dem Gelände Helikopter der kambodschanischen Armee kreisen. Nach seiner halbstündigen Rede stimmt Thaksin Volkslieder an und bahnt sich, nunmehr als Chansonnier, einen Weg durch das Publikum. Gefeiert wird an diesem Abend auch Songkran, das thailändische Neujahr.
Thaksins Gegner empfinden seine Tour durch Thailands Hinterhof als ungeheuerliche Provokation, zumal er mit seinem Privatjet zuvor die laotische Hauptstadt Vientiane angesteuert hatte. Nur durch den Fluss Mekong von seiner Heimat getrennt, klopfte der Gejagte sozusagen an Thailands Tür. Zudem stösst den ultraroyalistischen «Gelbhemden» Thaksins demonstrative Verbundenheit mit Kambodscha angesichts eines ungelösten Territorialstreits sauer auf. Nach seiner Flucht liess sich der gewiefte Unternehmer als Wirtschaftsberater des kambodschanischen Ministerpräsidenten engagieren.
Man kann sich unschwer ausmalen, dass Thailands Regierungschefin die Indochina-Reise ihres Bruders und Mentors mit mässiger Freude beobachtet hat, zumal die Opposition daraus Kapital schlägt. Bereits angekündigt wurden Klagen gegen thailändische Beamte und Politiker, die sich in Kambodscha und Laos mit Thaksin getroffen haben. Statt auf die Verhaftung hinzuwirken, huldigten sie einem Justizflüchtling, protestierte die Democrat Party.
http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/thaksins-grosser-auftritt-in-thailands-hinterhof_1.16458077.html
An miesen Schaueinlagen ist der grosse Fuehrer von keinem
zu Toppen.
Auch von seinem „Freund“ Hun Sen nicht.
Aber wann traut er sich mal in die
wirkliche Oeffentlichkeit?
In seinem Leben wohl nicht mehr.
Denn echte Fragen kann er nicht beantworten.