Aus dem Box-Promoter Olaf Pollex wurde nun die Box-Promoterin Etchika Pollex – und das Feedback ist ausschließlich positiv. Kein Einzelfall in einem Sport, der toleranter ist, als man glaubt.

Olaf Pollex hat als Boxpromoter zahlreiche Kämpfe veranstaltet, er hat mit Typen zu tun, die sich ihren Lebensunterhalt erprügeln. In diesem Sport sind überbordende Männlichkeit und Homophobie verbreitet, sogar unter den Superstars.

Floyd Mayweather jr. und Conor McGregor warfen sich jüngst sexistische, rassistische und schwulenfeindliche Beleidigungen an den Kopf. Ex-Schwergewichts-Weltmeister Tyson Fury hatte ein Verbot von Homosexualität gefordert. Und Manny Pacquiao, der einzige Boxer, der in sieben Gewichtsklassen Weltmeister wurde, sagte einmal, Homosexuelle seien „schlimmer als Tiere“.

Pollex weiß das alles und hat sich am Dienstag trotzdem via Facebook mit einem Thema an die Öffentlichkeit gewandt, das scheinbar so gar nicht in die Boxwelt passt. „Ich habe Jahrzehnte lang im falschen Körper gelebt“, heißt es in dem Post. „Letztes Jahr war ich soweit, einen Schritt zu gehen, der mich nach Hause holt.“ Unterschrieben ist der Eintrag mit Pollex‘ neuem Namen: Etchika.

„Es gab nicht einen negativen Kommentar“

Die Reaktionen waren beeindruckend. Fans, aktive Sportler, hochrangige Funktionäre und konkurrierende Promoter, die bei anderen Themen sehr gegensätzliche Positionen vertreten und sich zum Teil wüst beschimpfen, waren ausnahmsweise einer Meinung: Alle zollten Etchika Respekt für ihre Entscheidung und sprachen ihr Mut und Kraft zu.

„Ich bin völlig überwältigt und tief beeindruckt“, sagt Pollex. „Es gab nicht einen einzigen negativen Kommentar, was mich völlig verblüfft. Der Boxsport ist meine große Leidenschaft, der ich weiterhin treu bleiben will. Deswegen ist diese Akzeptanz sehr wichtig für mich. Aber ich hatte in dieser Form nicht damit gerechnet.“

Boxen ist ein archaischer Sport mit seinem Kampf Mann gegen Mann. Härte ist das Ideal, das öffentliche Bild, wie ein Mann auszusehen und sich zu verhalten hat, ist sehr altmodisch. Und dennoch ist Pollex ist kein Einzelfall.

Auch aktive Sportler lassen sich umoperieren

Kellie Maloney hieß bis 2014 Frank und war von 1989 bis 2003 Manager von Schwergewichts-Weltmeister Lennox Lewis. Auch ihre Geschlechtsumwandlung wurde in der Boxwelt positiv und respektvoll aufgenommen. „Das sind eigentlich nicht die Typen, von denen man in so einer Situation Unterstützung erwarten würde“, sagte Maloney verwundert über ihre Ex-Kollegen und ehemaligen Schützlinge.

Es gibt auch aktive Transgender-Sportler: Der US-Amerikaner Pat Manuel wurde als Patricia geboren und nahm als Frau an der Qualifikation zu den Olympischen Spielen 2012 teil. Danach ließ er sich umoperieren und bestreitet inzwischen Kämpfe gegen Männer. Im Mai 2016 besiegte Manuel den 18-jährigen Adan Ochoa nach Punkten.

Bei Shindo Go aus JapBei Shindo Go aus Japan steht die finale Entscheidung um die Fortsetzung der Karriere noch aus. Von 2013 bis 2014 war Go WBC-Weltmeisterin im Fliegengewicht. Seit dem vergangenen Jahr heißt er Go Hashimoto und will nach Abschluss der Operation als Profi gegen Männer boxen. Ob der japanische Verband dies zulässt, ist noch unklar.

WBC will medizinische Studie in Auftrag geben

Auch die Verbände beschäftigen sich mit dem Thema: Der World Boxing Council (WBC) will eine Studie in Auftrag geben, um mögliche Gesundheitsrisiken auszuschließen, da Männer und Frauen physiologische Unterschiede in der Schädel-, Nacken- und Wirbelsäulenstruktur aufweisen. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat bereits entschieden, Transgender-Sportler, die den Übergang von einer Frau zum Mann hinter sich haben, ohne Restriktionen zuzulassen.

Thomas Pütz, Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB), überraschen die positiven Reaktionen wenig. Er stuft seinen Sport als Weltoffen ein: „Im Boxen geht es vor allem um eins: Respekt. Rassismus, Sexismus und sonstige Ressentiments spielen keine Rolle mehr, wenn der Gong ertönt.“

Pollex hat  sich nach der OP eine Auszeit genommen um die Geschlechtsumwandlung in Thailand abzuschliessen, wo die Ärzte mehr Erfahrung haben. „Es gibt dort unendlich viele Ladyboys und Transgender. So eine Operation ist schon fast Routine.“ Insgesamt musste sie mehrmals riskante Eingriffe über sich ergehen lassen.

Im Juni 2018 will Pollex nach Deutschland zurückkehren und wieder Boxveranstaltungen ausrichten. Ob es irgendwann mal einen WM-Sieg für einen Transgender-Boxer geben wird? Pollex hat Zweifel, dass man nach den schwerwiegenden Operationen noch Leistungssport betreiben kann, doch: „Selbst wenn ich mir etwas nicht vorstellen kann, weiß ich doch, dass alles möglich ist.“

Von STIN